”Thus Quoth The Raven, Nevermore!” singt Alan Parsons selbst. Der Klassiker “The Raven” ist der eigentliche Opener des monumentalen Albums. Auf der CD, auf die sich diese Rezension bezieht, gibt es einführende Worte von Orson Welles in Form einer “Narration”. War nicht vorhanden auf der 76er LP. In “The Raven” gibt es ebenfalls einen neuen Gitarrensolo von Ian Bairnson, der das Stück noch einmal ein kleines bisschen gen Himmel hebt. Der Vocoder, durch den Alan seine Stimme gejagt hat, gehörte seinerzeit zu den feinen, innovativen Effekten. Anschliessend kommt der sensationell gesungene Beitrag von Arthur Brown (Remember “The Crazy World Of Arthur Brown” und “Fire”?). “The Tell-Tale Heart” vereinigt Rock, Pop, Blues in einem und ist ebenso wie alle anderen Stücke der Platte ein zeitloser Klassiker. Sinfonisch orchestriert. Ist auch heute noch in der Rock-Disco einsetzbar.
Eine der Stärken von “Tales” ist der Einsatz verschiedener Sänger. In der wunderschönen getragenen Ballade “The Cask Of Amontillado” nimmt sich John Miles das Mikrofon. Er hatte kurz zuvor den Millionseller “Music (Was My First Love)” eingesungen. Belebt hier die wunderschön getragene Ballade auf phänomenale Weise mit seinem sanften, gefühlvollen Gesang. Ganz fein und stark auch das Arrangement von Andrew Powell, dem es hier gelingt, die Rockkomponente mit dem klassischen Element zu beleben. Wenn der Chor des English Corale Orchestra zum Refrain ansetzt, wird ein weiteres Mal Popgeschichte geschrieben. Und bei den Background Vocals wirkt ein weiterer Bekannter mit. Der EX-Hollies Sänger Terry Sylvester. Auch mit “einem tollen Organ” ausgestattet. :-))
“Doctor Tarr And Professor Fether” - ein starker Song zu einer tollen Gruselgeschichte. Ein Protagonist läuft durchs Haus und kommt immer wieder an die Stelle, an der er merkt, dass er hier schon unzählige Mal vorbei gekommen ist. Der Sound erinnert hier stark an die Produktionsphase von Floyd’s “Dark Side Of The Moon”. Und wer war dort damals der Soundtechniker? Klar, Alan Parsons. Der Song lebt von einem starken funky Keyboard-Riff, in dem der grundelementare Riff von “The Raven” auftaucht. Mit diesem Song geht auf der Platte die Seite A ihrem Ende entgegen. Gegen Ende des Songs tobt sich Gitarrist Ian Bairnson aus.
Hier auf der CD läuft der Sound weiter, zum stehenden ambienten Keyboard spricht wieder Orson Welles. Es geht direkt hinein in der orchestral-sinfonische instrumentale “The Fall Of The House Of Usher”. Eine Erlebnisgeschichte seinesgleichen mit Donnerschlag, Dynamik, einsetzendem Regen, Synthieflirren und mystischem mysteriösen Klanggewölbe. Wenn man die Kurzgeschichte von Poe dazu kennt, wirkt der Song noch besser. 17 Minuten Klassikrock-Extase. Das Teilstück “Pavane” ist eines der schönsten instrumentalen Rockstücke, das ich je gehört habe. Geht leicht in die Mike Oldfield/Vollenweider-Ecke. Kennt Ihr die Titelmelodie vom “Exorzisten”? Yep, dann wisst Ihr, was ich meine. Hier gibt es massig Harfen, Harpsichord, Mandolinen und Cimbalom. Traumschaft schön.
Noch sphärischer und melancholischer wird es in der finalen Ballade “To One In Paradise”. Unterstützt von Engelschören zeigt hier Terry Sylvester, warum er für die Hollies so wichtig war.
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FAZIT:
Es ist viel geschrieben worden über dieses herausragende Album. “Tales Of Mystery” war 1988 die erste CD, die ich mir überhaupt gekauft habe. Aber nicht nur deswegen - sondern weil es eine sagenhafte Scheibe ist - bleibt es für mich eine ewige “Platte für die einsame Insel”. Ich gehe vorsichtig mit diesem Attribut zu, habe dieses Opus hier bestimmt schon 100 mal gehört und bin immer noch der Meinung, dass es zu den wirklich einzigartigen Tonträger-Dokumenten in der Musikhistorie gehört. Wer dieses Album nicht in seiner Sammlung hat, hat nur halb gelebt.
Mein Tipp: Einen guten Wein entkorken (am besten den Dr. Music Wein des Monats - der passt immer gut) - Licht minimieren (noch besser: Kerzen anzünden) - CD rein in den Player - und wenn die Platte durchgelaufen ist, die gruseligen Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe lesen ... den Abend geniessen ... gruseln ...
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Personal:
Alan Parsons: keyboards, lead vocals (# 2), Eric Woolfsen Vocals: Arthur Brown (# 3), John Miles (# 4, # 5), Terry Sylvester (# 3, # 11) David Paton: bass Stuart Tosh: drums Ian Bairnson: electric & acoustic guitars
Produced by Alan Parsons recorded at Abbey Road Studios
Original-Veröffentlichung: 1976 (Mercury-Records) Wiederveröffentlichung auf CD: 1987 (Mercury Records)
Release Deluxe Edition: 2007 (CD 1 mit dem 1976er LP-Mix und 4 Bonus-Tracks) (CD 2 mit dem 1987er CD-Mix und 4 Bonus-Tracks)
Besonderheit: 16seitiges Booklet mit Infos zu den Songs und Konzept, Tabellarische Biographie von Edgar Allen Poe, Texte komplett abgedruckt
Links zu Edgar Allen Poe: http://www.eapoe.org/ (Die Edgar Allen Poe Society) http://www.poemuseum.org/ (Das Edgar Allen Poe Museum in Virginia) http://www.houseofusher.net/ (schöne Fan-Seite)
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