Der erste Song lässt mich schlimmes befürchten. Ein hölzerner Groove mit leicht verstimmt klingenden Instrumenten. Was habe ich denn da im Player? Doch der zweite Track ”A World Full Nothing” deutet an, dass ATOMIC NEON in ihrer trüben, pessimistischen Welt mit Stimmungen spielen, die - auch beeinflusst durch ihre Herkunft aus dem Postpunk-Bereich - konzipiert und durchdacht ist. “Where Has The Love Gone?” shoutet Rio Black und singt aber seltsam fröhlich weiter, als ob es ihm ganz recht sei.
Die Band gibt es seit 2006 und ist ganz eindeutig von der grossen britischen THE CURE beeinflusst, jedoch wo es in anderen Fällen als Plagiat wirkt, hört sich Sänger Rio nicht plakativ bemüht an, einem seiner (wahrscheinlichen) Vorbilder nach zu eifern, sondern verfügt über genügend Eigenständigkeit wie im düster-romantisch-schönen Song “Cold Room”, der durch die melodiösen zerlegten Gitarrenakkorde und die darüber gewobenen weichen Synthie-Klänge zarte Intensität erfährt. Einzig der lieblose Cut nach 3 Minuten und 57 Sekunden lässt mich schockiert sitzen bleiben. Da hätte ich mir noch einen besonderen Höhepunkt oder ein sanfteres Fade-Out gewünscht, meine Herren!
Rockiger wird es durch verzerrte Rhythmusgitarren und dissonante und dadurch Spannung aufbauende Double-Stops. Verzweiflung pur kennzeichnet die Grundstimmung von “Flash” , Explosionen oder Donnergrollen im Background - gute wavige morbide Stimmung. 3 Minuten und 25 Sekunden: Ich könnte mir jetzt einen Friedhof vorstellen, Regen fällt in Strömen, der Wind peitscht durch Kleidung und Haar, das schleppende Leadgitarren-Solo verstärkt die Intensität des Songs.
Das Gewitter verzieht sich. Die Stimme des Sängers klingt jetzt härter. Rauher. Verzerrt. Genau - im Info-Blatt steht, dass ATOMIC NEON aus einer Punkband hervorgegangen sind. The Dark Sound Of “Darkenia” Guter Song, der seine Stärke aus der sehr guten vokalistischen Präsentation bezieht.
Punkiger/waviger beginnt dann auch das Stück “Mein Kleid”. Und - ganz interessante Tatsache ist, dass sich Sänger Rio jetzt ganz anders anhört. Er singt jetzt Deutsch und bestätigt die These, dass die Stimmlage eine andere ist, wenn man die Sprache wechselt. “Du warst so kalt, Dein Blut so schwarz.”
“Fighting” bedient sich wieder rockiger Elemente, die mit einem Schuss “Old School-New Wave versetzt werden. “We Don’t Wanna Die In The Dark....” singt er, ja warum denn nicht, denke ich.... doch dann schreit Rio den Grund für diese Aussage in die Mitte des audiophilen Raums. Er wird lauter .....”Es gibt keinen Tod - alles Lüge - alles Lüge.....” - er schreit, und ist jetzt meilenweit entfernt von jedweden Robert E.Smith-Plagiaten.
Elektronische Drums sind der Auftakt zu “When I Lose Myself” Die punkigen Einflüsse lassen sich nicht leugnen, denn die Musik ist nicht geschliffen und feinproduziert worden, sondern bleibt rauh und ungehobelt, minimale Timing- Diskrepanzen bleiben unbearbeitet und genau das macht auch den Reiz der Musik von ATOMIC NEON aus. Sie spielen Rockmusik, die mehr Soul hat als zahlreiche moderne “sogenannte” Blackmusic-Produktionen.
Sehr gut gefällt mir auch noch “The World”. Wenn für einen Song die drei Attribute Hoffnungslosigkeit, Cold Wave, Melancholie gleichzeitig passieren, dann ist es dieser elfte Track der CD. Tolle Gitarren a la Cure (Musik erinnert leicht an die Ende der 80er Jahre erschienene Doppel-LP ”Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me”)
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