“Schon wieder ‘ne Duffy?”, denke ich, als ich den ersten Song “Boom” höre. Aber dann kommt meine Erinnerung zurück. Da war doch was gewesen. Richtig. Boom hat’s gemacht bei mir, denn da war doch ne Biene, die im Sommer in meinem CD-Player gesummt hat mit ihrem boomigen Dancefloor-Knaller. Und jetzt wo ich es vergleiche: “Auch der elektronisch modifzierte 60ies Beet mit 125,9 bpm ist fast identisch, aber egal - der Song gefällt mir gut - groovy, tanzbar - und darauf kommt’s doch an. Und dann lese ich: Das Debut Album von ANJULIE.
Klar bin ich jetzt gespannt. “Rain” ist romantisch - hier fällt auf, dass Anjulie die weichere Stimme hat als die “blonde Ente”. Ihre Musik schreibt sie selbst, seitdem sie ein Teenager ist, und das hört man deutlich. Hier singt jemand, der seine Lieder mit Leib und Seele verinnerlicht hat und daher auch interpretiert, als ob es ein Teil ihrer selbst ist.
Auch der dritte Streich “Some Dumb Girl” haut mich um, so gut ist er. Hier gibt es jetzt sehr sogar schöne Mid-70er Soul-Reminiszenzen. Ein bisschen “Kool & The Gang,” kleines bisschen “B.T. Express”. “Addicted 2 Me” überzeugt ebenfalls und ich bin jetzt schon restlos begeistert. Hier stimmt wirklich alles. Lockere luftige Dance-Club-Stückchen, die sie mit einer relaxten, unangestrengten, aber doch scharfen Stimme rüberbringt. Die Frau hat was vor. Nämlich ihre Hörer bei Laune und am Tanzen zu halten. Kaum hab ich’s gesagt, kommt ‘ne Ballade. Piano. Cello. Für Alicia Keys-Fans. Nicht unbedingt für mich. Ich sitze da und warte. Will weiter grooven, weiter tanzen. Der Song ist nicht schlecht, da gab es von der Sängerin Beyonce schon wesentlich Langweiligeres.
Aber ich werde entschädigt für meine Ungeduld, denn die besten Songs kommen noch. “Fatal Attraction” ist eine nette R&B-Pop-Nummer, “Heat” ist einfach heiss. Soul II Soul - Beet, boaah - habe ich schon einige Zeit nicht mehr so intensiv gehört. Knaller. Jo, Deejays! “Keep On Moving” rausgeholt und reingemixt! Das folgende “Colombia” ist eine Überraschung. Ein ultrageiler Pop- Song mit Bläsern, leichtem 60ies Beat, sehr gut tanzbar - Anjulie klingt hier und auch im folgenden Stück verdächtig nach Colbie Caillat. Macht nichts. Weil auch “Same Damn Thing” sagenhaft ist. Ein bisschen schneller wie das “Lucky”, das Colbie mit James Blunt gesungen hat. Akustische Gitarren kommen hinzu, der Song verändert sich zum leichten Up-Beat (Reggae) und wird so zum mörderischen Ohrwurm. Einer der schönsten Pop-Songs, den ich seit Wochen gehört habe.
Aber der beste Song kommt jetzt: “I Want The World To Know” ist einer der Sorte “Arme ausbreiten, sich drehen und weg fliegen zu den Wolken” - herrlich, dieser Song ist das beste Beispiel, warum Musik die schönste Nebensache der Welt ist. Wie sie ihr “Ahooh!” im Refrain gegen den Rhythmus haucht, gibt dem Song den endgültigen Kick. Phänomenal gesungen und die bittersüssen Bläsersätze verursachen beim Hörer zusätzliches “Sweet Soul Feeling” - Wahnsinn.
Durchschnaufen. Geht aber weiter. “Love Songs” ist klasse, jetzt werden sogar noch einige Phillysound-Elemente reingepackt. Die Background Vocals kommen von überall her und lullen Dich ein und ziehen Dich rein in diesen Song - wer auf Soul, R&B oder gute Popmusik steht, ist der Kanadierin spätestens jetzt verfallen. Schade, dass Songs wie dieser irgendwann mal aufhören müssen.
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